Statt die Pflichtlektüre zu lesen mal zwei Kurzberichte über Gelesenes.
Irina Korschunow - Das Luftkind.
Die meisten kennen Frau Korschunow wahrscheinlich als Kinderbuchautorin. Aber sie schreibt auch sehr schöne Romane für Erwachsene. Ich erinnere mich an den "Eulenruf", den ich zu meinen Zeiten als Bibliothekarin vor vielen Jahren immer gern empfohlen habe. Das Luftkind habe ich schon letztes Jahr geschenkt bekommen (ja, - ich bin mit meinen Büchern genauso im Hintertreffen wie mit den gehorteten Wollknäueln im Keller....).
Die Geschichte spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Freda, Tochter eines mecklenburgischen Gutsbesitzers, "war siebzehn, als sie in den Roggen geriet". Sie besucht eine höhere Töchterschule und möchte gerne das Abitur machen, was ihr Vater nicht erlaubt. Sie soll ganz traditionell schnell verheiratet werden. Auf dem Gutshof zurück vertreibt sie sich die Zeit mit malen und lesen - trotzig und lustlos lebt sie das gesellschaftliche Leben mit. Im Sommer lernt sie auf dem Feld einen Maler kennen, der sie fasziniert und verführt. Sie wird schwanger - unmöglich für den Vater. Er versteckt sie in einem Kloster. Dort bringt sie einen Sohn zur Welt, der ihr sofort nach der Geburt genommen wird - das Luftkind. Dieses Luftkind-Phantom begleitet sie von jetzt an. Sie zieht sich völlig zurück, das Verhältnis zu ihrem Vater ist sehr schlecht und die Entdeckung, dass er Briefe ihrer besten Freundin unterschlagen hat wecken ihren Zorn. Sie setzt sich durch und geht mit Hilfe des Erbes ihrer verstorbenen Mutter nach Berlin, macht ihr Abitur und studiert. Immer begleitet sie das Luftkind und sie bleibt allein und zurückgezogen. Als Lehrerin kommt sie in einen kleine Stadt und lebt dort in einer kleinen Wohnung ebenso zurückgezogen und ohne Freunde. Gerade deshalb scheint ideal geeignet den Sohn einer jüdischen Familie bei sich zu verstecken. Nach und nach verdrängt dieser das Luftkind aus ihrem Leben.
Korschunow erzählt in einer poetischen und doch lebendigen Sprache in Vor- und Rückblicken. Die Geschichte hat mich ganz in ihren Bann gezogen - das Leben zur damaligen Zeit, der Schmerz von Freda, die Bedrohungen und Schrecken der NS-Zeit - alles wird sehr lebendig. Ich habe das Buch in einem Zug gelesen. Es ist sowohl die Geschichte einer eigenwilligen und mutigen Frau als auch ein gelungener zeitgeschichtlicher Roman.
Sue Monk Kidd - Schmetterlingszeit
Das Buch habe ich gekauft, weil ich für meine Ausbildung eine Rezension schreiben sollte - irgendein Werk, das sich miteiner Frau in den "mittleren Jahren" beschäftigt. Da fiel mir dieser Titel in die Hand - Cover und Rückentitel sehr ansprechend.
Sue Monk Kidd ist eine amerikanische Autorin, bekannt geworden durch ihre Romane Bienenhüterin und Meerfrau – letzterer wurde auch verfilmt.
Schmetterlingszeit beschreibt – stark autobiographisch – den Umgang mit einer Krise in der Lebensmitte.
Das Buch ist in vier Abschnitte gegliedert: Warten, Loslösung, Verwandlung und Hervortreten. Für die Bewältigung der Krise bezieht Sue Monk Kidd Kraft und Inspiration neben anderen Quellen vor allem aus ihrer Religion und der Bibel. Sie beschreibt sehr ausführlich die verschiedenen Stadien ihrer Krise – für meinen Geschmack oft mit zu vielen Wiederholungen, zu weitschweifig und wenig unterhaltsam. Insgesamt geht es darum in einer Zeit der Ruhe und des Wartens (wie in einem Kokon verpuppt) durch die Krise zu gehen, dabei neue Facetten der eigenen Persönlichkeit, des Selbst zu entdecken und ihnen Raum zu geben.
Fürs Lesen braucht man Geduld und eine Beziehung zur christlichen Religion. Der Stil ist sehr amerikanisch und teilweise betulich. Trotzdem – einige Inspirationen findet man.
Meine Empfehlung: Querlesen, was einen anspricht daraus mitnehmen und das Buch weitergeben.
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