18.4.11

Kochen

für mich allein ist die Wieder-Entdeckung einer alten Liebe.

Vor vielen vielen Jahren, als ich während des Studiums - zum ersten mal - allein wohnte entdeckte ich das Kochen. Zu Hause habe ich nur hin- und wieder mal gekocht oder meiner Mutter geholfen. Das machte nur bedingt Spaß. Aber jetzt so allein für mich war es ein Abenteuer. Mit wenig Geld und ohne irgendeine Ahnung über "gesundes Essen" habe ich mit teilweise billigsten Zutaten experimentiert. Meine Küche bestand aus einer einzelnen Kochplatte, einer Pfanne und einem Topf. Die Möglichkeiten waren also beschränkt. Und wieder Erwarten machte es Spaß, die Ergebnisse ungewöhnlich, aber meist schmackhaft - auch wenn das Essen so ganz allein sehr ungewohnt war.

Nach dem ersten Semester bezog ich ein anderes Zimmer und teilte die Küche - jetzt eine richtige Küche mit Herd und Backofen - mit der Vermieterin und einem weiteren Studenten. Mein Einzelkochen wurde hier häufig zum Gemeinschaftskochen. Viele Inspirationen aus den Erfahrungsschätzen der Mitkochenden. So allmählich hatte ich meine eigene Koch-Handschrift entwickelt - wenig Fleisch, viel Gemüse, Getreide.

Nach dem Studium Wohngemeinschaft mit dem heute Besten Ehemann. Der viel Fleisch isst, aber zum Glück diese Bedürfnis in der Kantine stillen konnte. Das mit dem Getreide wurde aber schwierig. Gekocht habe ausschließlich ich. Außer Vanillepudding. Mein Repertoire erweiterte sich um Braten, klassische gutbürgerliche Gerichte wie Gulasch, Königsberger Klopse und so. Und Kuchenbacken. Die Schwiegermutter in spe stiftete alte Familienrezepte mit einem hohen Anteil an zu verwendenden Fertigprodukten. Ich verschriftlichte die Rezepte meiner Oma, soweit sie meine Mutter noch erinnerte.

Der Älteste Sohn wurde geboren. Es gab viel Gemüse für uns beide. Zunächst. Dann wollte er Nudeln und Nudeln und Nudeln. Und mit dem ersten und den weiteren Kindern verlor ich nach und nach meine eigenen Kochvorlieben und wurde zur Ausführenden für die Essvorlieben des Besten Ehemanns und der Söhne. Eine beispielhafte Woche mit Klein- und Schulkindern: Hirsebrei-Tag, Pfannkuchen-Tag, Nudeln-mit-Tomatensauce-Tag, Fischstäbchen-Tag, völlig ungeliebter Suppentag, Reiseintopf-Tag, Sonntags-Braten-Tag. Und dieses Kochen und das Einkaufen dafür machte immer weniger Spaß und war oft einfach lustlos.

Sozusagen spätemanzipiert habe ich erst im letzten Jahr allmählich wieder zu meiner eigenen Küche gefunden und nehme mir immer öfter die Freiheit, einfach nur für mich zu kochen. Denn wir essen schon seit einigen Jahren immer seltener regelmäßig alle gemeinsam. Die Söhne können (ein wenig) kochen, der Beste Ehemann inzwischen auch. Tiefkühlpizza und Nudeln sind immer im Haus. Wie heute Abend bin ich auch immer wieder mal quasi allein zu Hause oder nur überraschend dann doch nicht allein.
Für mein Essen kaufe ich mit Lust und Liebe frische Gemüse und Gewürze ein. Lasse mir Zeit für die Zubereitung, genieße die Gerüche und hänge meine Nase über Topf und Pfanne. Und ich genieße auch, mein Essen - schön angerichtet - allein zu verzehren.
(Und wenn sich doch jemand locken lässt vom Duft und probieren will - natürlich immer gern)
(Und es gibt schon auch leckeres Essen für alle Familienmitglieder von mir gekocht)

Kleine Genuss-Nischen im Alltag.

1 Kommentar:

  1. Liebe Christine,
    diesen Bericht habe ich mit Hochgenuss heute morgen angefangen zu lesen, dann musste ich weg. Aber nun, da ich wieder hier bin, wollte ich ihn unbedingt zu ende lesen.

    So ähnlich wie du es beschreibst, gestaltete sich mein Küchenleben ebenfalls. Irgendwann hatte ich auch fast keine Lust mehr zu kochen. Erst, seit ich wieder zuhause bin, koche ich wieder gerne für uns verbliebene Zwei, aber auch mal für den Rest der Familie. Aber richtig genießen, das mache ich "noch" unter der Woche, wenn ich alleine bin.
    In der Zwischenzeit jedoch stelle ich fest, dass der Signore zwar sehr gerne die bodenständige Küche mag, sich aber immer mehr den Vorstellungen, die ich von gutem Essen habe, annähert. Was mich freut.

    Ich fand das sehr kurzweilig und spannend! geschrieben.

    Lieben Gruss, Brigitte

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